Harpain, Harpeng / Ostpreußen

In den Jahren 1709 bis 1711 wütete in Ostpreußen die Pest. Etwa ein Drittel der Bevölkerung wurde dahingerafft. Am 20. September 1711 wurde das Patent in der Uckermark bekannt gegeben, in dem auf die Neuansiedlung in Ostpreußen und die Privilegien hingewiesen wurde.

Dem Aufruf waren viele Hugenotten aus der Uckermark gefolgt, so auch Jean Herpin mit seiner Frau Christine Reney. Jean Herpin, Sohn des Antoine Herpin, in der Pfalz geboren, war Pflanzer in Zerrenthin gewesen und brachte daher beste Voraussetzungen mit, einen Boden zu kultivieren und zu bebauen.

1712 kam Jean mit seiner Frau sowie zwei Kindern in Kampischkehmen (1937 in Angereck umbenannt), Kreis Gumbinnen, an (Karte Ostpreußen). Der Kolonist Jean Herpin erhielt eine Hufe Land in Kampischkehmen, das sind zehn Hektar, eine Fläche, die damals ausreichte, eine bäuerliche Familie zu ernähren.

Die Nachkommen besiedelten zuerst die nähere Umgebung von Kampischkehmen, später waren sie in sehr vielen Orten im ganzen Kreis Gumbinnen zu finden. Sie breiteten sich ferner hauptsächlich in den Kreisen Darkehmen (Angerapp) und Insterburg aus und waren schließlich überall in Ostpreußen verteilt, vom Kreis Fischhausen im Westen bis zu dem Kreis Stallupöhnen (Ebenrode) im Osten. Ab etwa 1900 wurden sie auch Stadtbewohner, u. a. in Elbing, Darkehmen (Angerapp), Gumbinnen, Insterburg, Königsberg, Preußisch Holland und Tilsit.

Durch den Verlust von vielen Kirchenbüchern sowie Unterlagen der Katasterämter in Folge des zweiten Weltkrieges gestalteten sich die Nachforschungen in Ostpreußen außerordentlich schwierig. Anhand von Urkunden, Ahnenpässen und ausgearbeiteten Familienchroniken, die mir freundlicher Weise zur Verfügung gestellt wurden, ließen sich viele Lücken schließen, so dass sich bei einer größeren Anzahl von Familien die Ahnenkette bis zu Antoine Herpin zurückverfolgen lässt.

Die Vermutung in der Harpeng Homepage(1), dass alle Harpengs in Ostpreußen von einem französischen Soldaten Harpin abstammen, der 1812 aus Napoleons Armee in Ostpreußen geblieben war, ist nicht haltbar. Die Schreibweise Harpeng taucht bereits rund 100 Jahre früher in Urkunden in Ostpreußen auf. In meinen Recherchen habe ich keinen Harpain oder Harpeng gefunden, der nicht von Jean Herpin abstammt. Es ist aber nicht auszuschließen, das es eventuell eine Linie Harpeng gibt, die von jenem besagten Soldaten abstammen könnte. Es ließen sich aber keine schriftlichen Belege ermitteln.

Bei einem anderen Harpeng, der mir erzählte, er würde von dem erwähnten Soldaten der Armee Napoleons abstammen, konnte ich nachweisen, dass Antoine Herpin sein Urahne ist.

Der Name Herpin wurde in Ostpreußen kaum verstanden. Man wusste einfach nicht wie man diesen Namen schreiben sollte. Französischkenntnisse waren zu der damaligen Zeit auf dem Lande nicht vorhanden. Schon bei Jeans Kindern tauchten in Dokumenten folgende Schreibweisen auf: Herpin, Harpeng, Harpenger, Harpinger und Hartbinger. Bei der letzten Schreibweise war es wohl der krampfhafte Versuch, den Namen einzudeutschen.

Insgesamt fand ich folgende Schreibweisen: Arpin, Harpain, Harpaing, Harpein, Harpen, Harpeng, Harpenger, Harpengerin, Harpien,  Harpin, Harping, Harpinger, Harpjeng, Harrpain, Harrpien, Hartbenger, Hartbinger, Hartpinger, Herpain, Herpin, Herpinck. Am Ende des achtzehnten Jahrhundert setzten sich durch Anlehnung an die Aussprache die beiden Schreibweisen Harpain und Harpeng durch, wobei beide Harpeng ausgesprochen wurden. Es klingt fast so, als sei es französisch. Mein Vater hatte in der Schule eine gewisse Zeit auch Harpeng geschrieben, weil er es so hörte. Sein Lehrer merkte es und sagte ihm, er müsse Harpain schreiben.

Ende 1944 rückte die Front des zweiten Weltkrieges immer weiter auf Ostpreußen zu. Der größte Teil der Bevölkerung floh Januar 1945 überstürzt nach dem Westen. Heutzutage findet man in allen Bundesländern Harpains und Harpengs, deren Vorfahren aus Ostpreußen stammen.

Literatur:

Otto Gebauer, Gumbinnen, Leer 1958
Reinhold Heling, Die evangelischen Kirchengemeinden in Ostpreußen und Westpreußen in den Pfarr-Almanachen von 1912 und 1913, Hamburg 2000
Horst Kenkel, Französische Schweizer und Réfugiés als Siedler im nördlichen Ostpreußen 1710 - 1750, Hamburg 1970
Siegfried Maire, Französische Ackerbauern aus der Pfalz und der Uckermark in Ostpreußen, Berlin 1939
Fritz Schütz, Französische Familiennamen in Ostpreußen, Gumbinnen 1933

(1)  Harpeng Homepage 2005, www.harpeng.de